Markt & Sourcing

Tier Pricing für Managed Services

von Dr. Jakob Rehäuser

Einer der wesentlichen Erfolgsfaktoren im Outsourcing ist ein adäquates Preismodell. Insbesondere im Umfeld von Managed Services kommt immer häufiger das sogenannte Tier Pricing zum Einsatz. Wo liegen die Vorteile?

 

Tier Pricing – auch Tiered Pricing genannt – bezeichnet ein mengenabhängiges Preismodell für das IT-Outsourcing, das in Stufen beziehungsweise Schichten (Tiers) über die Jahre abgebildet wird. Dadurch können Skalen- und Lerneffekte (Lernkurve) im Preismodell abgebildet werden, wobei niedrige Mengen höhere Stückpreise und höhere Mengen niedrigere Stückpreise besitzen. Die Idee hinter Tier Pricing ist, dass man im Verlauf des Vertrags die Grenzkosten des IT-Service-Providers pro zusätzlichem Stück vergütet. Zuerst gibt man ihm jedoch die Möglichkeit, seine Fixkosten zu decken.

Meiner Meinung nach handelt es sich um ein faires und transparentes Preismodell, sowohl für Kunden als auch für Sourcing-Partner. Tier Pricing ist ideal für Managed Services, da dem IT-Service-Provider Anreize gegeben werden, Kosten durch eine kontinuierliche Verbesserung über die Zeit zu reduzieren. Der Dienstleister muss seine Leistungen nach Service Levels erbringen – die Skills dahinter liegen in seiner Verantwortung, ebenso die Anzahl der eingesetzten Experten. Dem Kunden kann dies im Grunde genommen egal sein, solange die Servicegüte stimmt. Er wird somit nicht für Ineffizienzen des IT-Providers zur Kasse gebeten.

Im Tier Pricing sind zwei Modelle in der Praxis üblich.

 

 

Die Definition, wie die Preise bestimmt werden, ist also in der Vertragsverhandlung essenziell, um unterschiedliche Interpretationen im Nachgang zu vermeiden.

Vorteile des Tier Pricing für Kunden

Unternehmen profitieren vom Tier Pricing, da sie bei höheren Abnahmemengen nicht zu hohe Stückkosten zahlen. Schließlich sind fallende Preise über die Jahre eingebaut. Dies gründet auf den Economies of Scale sowie der Lernkurve, die der IT-Service-Provider durchläuft. Anfangs hat er Experten auf dem Projekt, aber wenn sich die Situation eingespielt hat und die Transition gelaufen ist, kann er auch Junior-Berater einsetzen. Hat man hingegen im Vertrag steigende oder stabile Preise vereinbart, muss man als Kunde stetig Druck ausüben, damit der IT-Dienstleister seine Kosten durch Innovationen und Automatisierung senkt. Tiered Pricing zwingt ihn hingegen automatisch dazu.

Vorteile des Tier Pricing für IT-Service-Provider

Allerdings leistet das Tier Pricing einen großen Beitrag zur Risikominimierung für den IT-Service-Provider, da er seine Anschaffungs- und Gemeinkosten auch bei Abnahme niedriger Mengen absichern kann und vergütet bekommt. Mit dem Tier Pricing lassen sich die Kostenstrukturen der Auftragnehmer sehr gut abbilden: Erst werden die Fixkosten vergütet, dann die Grenzkosten. Somit werden auch keine Fixkosten bei höheren Abnahmemengen umgelegt. Zudem sind weniger Preisverhandlungen notwendig, da Preise für eine große beziehungsweise die gesamte Mengenbandbreite definiert sind – theoretisch bis auf die Abnahmemenge null.

Nachteile des Tiered Pricing

Im Verhältnis zu den oben genannten Vorteilen halten sich die Nachteile des Tier Pricings in Grenzen. Bei sinkender Nachfrage steigt der Stückpreis über die gesamte Menge (Blended Unit Rate), also der durchschnittliche Stückpreis. Dies kann von Nachteil sein, wenn die Nachfrage durch mehrere unterschiedliche IT-Organisationseinheiten (Interessengemeinschaften), die Services konsumieren, beeinflusst wird. Das Problem tritt vor allem auf, wenn die Menge wieder unter den Schwellwert des aktuellen Tiers sinkt, insbesondere beim Total Volume Tier Pricing. Gleichzeitig besteht ein erhöhter Aufwand bei der Budgetierung bei mehreren Interessengemeinschaften, da die mutmaßlich zu erreichende Staffel ebenfalls geplant werden muss.

Tier Pricing in der Praxis

Bewährt haben sich fünf Tiers (Tier 0 bis Tier 4), wobei sich die Baseline (also das Anfangsvolumen eines Services) meist in der Mitte im Tier 2 befindet. Die unteren Tiers 0 und 1 dienen primär dazu, die Fixkosten des IT-Service-Providers zu decken. Das oberste Tier sollte schließlich bei der Grenzproduktivität angesetzt werden, da für alle höheren Mengen keine weiteren Skaleneffekte zu erwarten sind. Werden diese Punkte berücksichtigt, können die vorhandenen Wertschöpfungsstufen und Kostenstrukturen des IT-Service-Providers in ein zielführendes und kostengünstiges Preismodell eingebracht werden, das darüber hinaus beiden Parteien eine gute Flexibilität und Skalierbarkeit ermöglicht.

So positiv sich die Methode des Tier Pricings auch anhört, es müssen einige Aspekte berücksichtigt werden, damit dieser Ansatz auch die erwarteten Effekte erzielt. Einerseits müssen Tiers die Spielräume der Nachfrage abdecken, andererseits müssen sie sich an den Kostentreibern orientieren, beispielsweise bei sprungfixen Kosten oder beim Übergang von Onsite und Onshore zu Nearshore und Offshore. Es zeigt sich allerdings, dass sowohl IT-Service-Provider als auch Kunden bisweilen Schwierigkeiten haben, sinnvolle Tiers zu bilden, da die Erfahrungen fehlen und die eigentlichen Kostentreiber oftmals nicht bekannt sind. Beide Seiten müssen sich mit der Preisbildung von Services auseinandersetzen, um sinnvolle Tiers zu bilden und Mechanismen für eine längere Laufzeit einzubauen. Daher werden die Tiers je nach Leistungsgegenstand kunden- und serviceindividuell festgelegt.

Dr. Jakob Rehäuser

Dr. Jakob Rehäuser

Der Wirtschaftsinformatiker Dr. Jakob Rehäuser ist seit über 25 Jahren in renommierten Organisationen als IT-Managementberater tätig. Seine inhaltlichen Schwerpunkte liegen auf den Gebieten IT-Sourcing, Vendor- und Contract-Management sowie IT-Governance.

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