Markt & Sourcing

Markt und Trends im IT-Sourcing

von Alexander Freimark

Lünendonk hat im Rahmen der IT-Sourcing Studie 2022 mit Dr. Jakob Rehäuser von Metrics zu den aktuellen Trends im Markt gesprochen - von der zukunftsorientierten Sourcing-Strategie über Cloud bis zum "ESG-Reporting".

 

Lünendonk IT-Sourcing Studie: Trends im Markt

 

Herr Dr. Rehäuser, Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen bei der Digitalisierung. Welche Veränderungen nehmen Sie derzeit bei Ihren Kunden wahr?

Die Digitalisierung hat sich in den vergangenen Jahren zu einem eigenen Budgetposten entwickelt, der zu den klassischen Run- und Change-Budgets hinzugekommen ist. Im Zuge dessen veränderte sich das Mindset in den Unternehmen – den meisten ist heute klar, dass Digitalisierung mehr als eine Scanstraße ist. Die Entwicklung zieht jedoch neue Anforderungen nach sich, und zwar bei Mitarbeitern, Skills, der Organisation und ihrer Kultur, aber auch im Bereich Sourcing. Unternehmen sind gezwungen, eine umfassende Strategie zu entwickeln, die Lieferketten selbstheilend zu gestalten, viel zu automatisieren und eine Multi-Provider-Strategie umzusetzen. Neben den wirtschaftlichen und politischen Verwerfungen sind das enorm spannende Aufgaben.

Dr. Jakob Rehäuser, Practice Lead IT-Sourcing bei Metrics

 

Was raten Sie CIOs bei der Entwicklung einer zukunftsorientieren Sourcing-Strategie?

Nach wir vor sollte die IT-Strategie von der Business-Strategie abgeleitet sein, das gilt auch für die Kennzahlen zur Steuerung. Daran schließt sich die Sourcing-Strategie an. Hier steht aktuell die Flexibilität im Vordergrund. Managed Services bilden ein gutes Fundament, aber die Durchlässigkeit in der Kapazität durch Elastizität und Skalierbarkeit ist entscheidend, um schnell auf Veränderungen im Business und der IT-Strategie reagieren zu können. Und wie schnell sich die Situation verändern kann, haben wir in den vergangenen zwei Jahren gesehen.

 

Wie sollten Fachbereiche in das Sourcing eingebunden werden?

Bereits ein signifikanter Teil der IT-Ausgaben wird von Business Units getätigt. Insofern sollten IT-Organisationen das Thema nicht aussitzen, sondern bestehende Gräben schnell schließen. Sonst laufen die IT- und die Sourcing-Strategie in verschiedene Richtungen auseinander. Das umfasst den Trend der Citizen Developer, etwa mit dem zunehmenden Einsatz von Low-Code- und No-Code-Tools. Wodurch auch das Thema ‚Innovation durch Sourcing-Partner‘ ins Spiel kommt – wie können Verbesserungen und echte Innovationen von allen Beteiligten gemeinsam vorangetrieben werden?

 

Welche Auswirkungen werden diese Entwicklungen auf den Markt für die IT-Sourcing-Beratung haben?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass die steigende Komplexität in der Beschaffung die Nachfrage nach Consultants weiter antreibt. Und das erwarten laut der vorliegenden Studie auch die Kunden. Schließlich schüttelt man eine nachhaltige Multi-Provider-Strategie für Managed Services, Cloud und Personalleistungen nicht aus dem Ärmel. Organisationen brauchen ein vielschichtiges Sourcing-Konzept mit einer weitgehenden Anpassung des Vendor-Managements, um Leistungen und Provider – idealerweise Technologie-agnostisch – zu orchestrieren. Eine Facette ist etwa das Management der Verträge und des Reportings, einschließlich der Nachverhandlungen und Eskalationen. Und natürlich brauchen auch die Fachbereiche IT-Sourcing-Kompetenz, speziell in einem wirtschaftlich herausfordernden Umfeld.

 

Laut unserer Studie erwarten 73 Prozent der IT-Sourcing-Beratungen eine hohe Nachfrage nach Preis- und Kosten-Benchmarking. Warum ist das Thema derzeit so wichtig?

Unsere Kunden würden es vielleicht so formulieren: ‚Wir können die Digitalisierung und die vielen anderen Aufgaben nur stemmen, wenn wir unsere Kosten im Griff haben.‘ Im Budget-Management ist Planungssicherheit entscheidend, die es nur gibt, wenn die Kosten regelmäßig mit dem Markt gespiegelt werden: Ich zahle nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig, denn sonst kommt irgendwann das böse Erwachen der ‚vermiedenen Ausgaben‘. Hierbei geht es darum, dass Unternehmen auf der Kostenbremse ins Risiko gehen, weil Dienstleister gezwungen werden, Leistungen zu reduzieren oder ein neuer Vertrag deutlich über den budgetierten Kosten des Bisherigen liegt. Der Rasenmäher ist mittelfristig immer die schlechteste Option, um Ausgaben einzudämmen. Benchmarking hilft dabei, gravierende Probleme zu erkennen, zu priorisieren, zu lösen sowie Kosten realistisch zu budgetieren.

 

Was kann Benchmarking im IT-Sourcing leisten?

Während Kosten-Benchmarks auf die interne IT zielen, werden Marktpreis-Benchmarks in allen Phasen des Sourcing-Lifecycles angewendet. Das beginnt bei Make-or-Buy-Analysen und Simulationen, erstreckt sich über den Vergleich von Angeboten, Service-Levels sowie aktuellen Marktpreisen in der Verhandlung, umfasst die Analyse der Service-Schnitte und reicht bis zu Nach- oder Neuverhandlungen zum Ende der Laufzeit. Es geht darum, mit eigenen Kennzahlen und Vergleichswerten anderer Unternehmen seinen Standort und sein Ziel in einem intransparenten Markt zu bestimmen.

 

Das bestätigt indirekt auch unsere Studie. Für 55 Prozent der IT-Verantwortlichen gestalten sich die internen Verrechnungsmöglichkeiten der Cloud-Kosten als schwierig, und knapp 40 Prozent beklagen eine schlechte Planbarkeit der Kosten. Wie kann hier Abhilfe geschaffen werden?

Cloud Computing ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits wird die IT dadurch schneller, andererseits können sich schnelle Entscheidungen über die Zeit rächen. Die Geschwindigkeit und Flexibilität der Cloud haben ihren Preis, das ist anfangs nicht wirklich kommuniziert worden. Hier stand das Versprechen von Kostensenkungen im Raum, das bereitwillig geglaubt wurde. Und weil die Cloud vielerorts eine strategische Entscheidung war, wurden einige Business Cases auch nicht hart durchkalkuliert oder nachgehalten. Das umfasst ebenso Projekte der Fachbereiche, die an der IT vorbei beauftragt wurden. Daher gilt das alte Motto aus der Outsourcing-Zeit weiterhin: ‚Am Anfang schon ans Ende denken.‘

 

Ab dem Jahr 2024 tritt die ESG-Reportingpflicht (Environmental, Social, Governance) in Kraft, und es gelten für viele Unternehmen verpflichtende Regelungen zur Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen. Die IT kann unter anderem für den Aspekt der Dekarbonisierung eine zentrale Rolle spielen. Womit sollten CIOs sich in diesem Kontext in Zukunft befassen?

Nachhaltigkeit als Begriff ist zurzeit etwas überstrapaziert. Auch haben wir in einer eigenen Kundenumfrage vor kurzem herausgefunden, dass das Thema noch nicht wirklich angekommen ist. Ähnliches zeigt sich ja ebenfalls in dieser Studie bei den Anforderungen der Unternehmen an IT-Dienstleister, wo die ESG-Zertifizierung und Durchführung regelmäßiger ESG-Audits auf dem vorletzten Platz landen. Dennoch sollten sich CIOs schon heute damit befassen und positionieren – einmal als Verursacher von CO2, zum anderen als Institution für die Kontrolle und Steuerung. Meine These: In ein paar Jahren ist CO2 eine Budgetposition im Unternehmen, verbunden mit Limits und einem Handel von Zertifikaten. Das erstreckt sich natürlich auch auf die IT-Sourcing-Partner, die sich ebenfalls damit beschäftigen müssen. Insofern ist das Thema ESG im IT-Management gut aufgehoben.

 

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Alexander Freimark

Alexander Freimark

Der IT-Journalist und Autor Alexander Freimark kümmert sich um die öffentliche Darstellung von Metrics, verfasst Case Studies mit Kunden, recherchiert Informationen zur Enterprise-IT und pflegt den Web-Kanal sowie soziale Medien.

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