Markt & Sourcing
Automatisierung im IT-Sourcing
von Dr. Thomas Barnekow
Die Automatisierung ist ein großer Treiber der IT. In der IT-Sourcing-Advisory hingegen geht es zumeist noch manuell zur Sache. Dabei bieten alle Stufen im Sourcing-Lifecycle Potenzial für sinnvolle Automatisierungslösungen.
Die Automatisierung steht in der IT-Agenda vieler Organisationen weit oben. Bei unserer Umfrage zur IT-Agenda 2023 landete das Thema auf Rang fünf, zwischen der Rekrutierung von Fachkräften und der Cloud-Migration. Schließlich versprechen sich IT-Manager viel davon, manuelle Prozesse durch Maschinen erledigen zu lassen. Die Hoffnung ist nicht unbegründet: Laut unserem Data Lake lassen sich beispielsweise die Kosten im Applikationsumfeld durch Automatisierung in vier Jahren insgesamt um 23,1 Prozent senken.
Auch in der IT-Sourcing-Beratung fordern Unternehmen schnellere Analysen, kürzere Entscheidungswege, geringere Aufwände und weniger externe Kosten – eine Steilvorlage für die Automatisierung. Das Ziel ist, in kürzerer Zeit und mit weniger Aufwand Partnerschaften zwischen Unternehmen und den zu ihnen passenden, qualifizierten IT-Anbietern zu formen. Berater brauchen dafür gute Marktkenntnisse und -daten, um eine adäquate Anzahl qualifizierter Anbieter in einen möglichst effizienten und konstruktiven Sourcing-Prozess zu involvieren, in dem Anbieter die Möglichkeit erhalten, Ihre Fähigkeiten und Innovationen einzubringen. Und die Consultants müssen beim immer schnelleren Wandel auf der konkreten technologischen und operativen Ebene am Ball bleiben, um Unternehmen bei der Auswahl der für sie besten Lösungen und Anbieter unterstützen zu können.
Wenig Automatisierung in der Sourcing Advisory
Dennoch gehen viele IT-Organisationen und ihre Consultants immer noch recht traditionell vor – obwohl sich in der IT sehr viel getan hat, man denke nur an die Auswirkungen von Cloud Computing, ist die Digitalisierung in der Sourcing Advisory wie auch in anderen Beratungsfeldern nur stellenweise geglückt. Gerade in den Kunden- und Provider-seitigen Prozessen der Beratungshäuser finden sich heute noch viele individuelle und manuelle Abläufe. Das ist für alle Beteiligten eine unbefriedigende Situation, weil daraus hohe Aufwände und vor allem zeitliche Verzögerungen resultieren. Dabei müssen IT-Einkäufer und Sourcing-Verantwortliche heute schnell auf Veränderungen im Business und der IT-Strategie reagieren können.
Automatisierung der Sourcing-Dokumente
Beispielsweise sind verschiedene Parteien an Ausschreibungen, Vertragsgestaltungen oder Transaktionen beteiligt, etwa die Berater, das Kunden-Team, Anwälte und auch Service-Provider. Sie alle arbeiten an Dokumenten zur Service-Beschreibung, den Service Levels, dem Pricing oder der Governance. Allein der Vertrag kann sehr schnell 30 oder auch mal 70 und mehr einzelne Dokumente enthalten, hinzu kommen noch operative Schriftstücke zu Prozessen, Organisation, Technologie und Vorgehensweisen. Werden diese Dokumente im Wesentlichen manuell verarbeitet, erzeugt das einen immensen Aufwand. Muss beispielsweise in allen Dokumenten auch nur eine Kleinigkeit wie das Datum auf der Titelseite geändert werden, fallen Beraterstunden an, und die Fehlerquote steigt erfahrungsgemäß.
Sourcing-Dokumente auf Knopfdruck anpassen
Dafür verwenden wir beispielsweise das Tool DokuMate, das ich in den vergangenen Jahren entwickelt habe. Es ist ein Werkzeug für das Management von Dokumentensätzen, etwa Ausschreibungen sowie Response- oder Vertragsdokumente. Damit kann man auf Knopfdruck Änderungen in Dateien automatisch umsetzen. Der Aufwand sinkt von Tagen auf Stunden oder von Stunden auf Sekunden. So werden vom Kunden gewünschte Timelines möglich und Meilensteine pünktlich erreicht. Wenn bereits alles digitalisiert und automatisiert wurde, lässt sich später in der Management-Phase darauf aufbauen. Zudem werden Medienbrüche und Tool-Wechsel durch definierte Standards im Projekt vermieden, was Reibungsverluste reduziert.
Eine Plattform für die Sourcing Advisory
Das gesamte System für die Sourcing-Automatisierung basiert auf einer zentralen Sourcing-Plattform, an die drei Bereiche der Sourcing Advisory angeflanscht werden: Prozessautomatisierung, Data und Analytics sowie die Dokumentenautomatisierung. Bei der Prozessautomatisierung geht es nicht um die Abbildung starrer Abläufe, sondern um Aktivitäten, die in jedem Projekt anfallen. Dazu zählen das Projektmanagement und ein Q&A-Prozess für Kunden und Provider etwa bei Ausschreibungen. Dies kann man mit Tools viel eleganter und effizienter lösen als mit Excel-Dateien per E-Mail. Und die Projektleiter auf Beraterseite profitieren von einer umfassenden Lösung für Projektplanung und Tracking, wenn sie viele interne Ressourcen sowie deren Workstreams steuern und kontrollieren müssen.
Bei Data und Analytics geht es um digitale Lösungen etwa für Pricing und Performance-Benchmarking oder die Partnerwahl: Welcher Dienstleister bietet Field Support unter Berücksichtigung industriespezifischer Regulatorik in welchen Regionen? Statt den RFP breit zu streuen, lassen sich die potenziellen Service-Provider durch eine schnelle Abfrage der Datenbank identifizieren. Noch heute sind dafür Excel-Workbooks im Einsatz, das geht aber auch pfiffiger. Und in der Vertragsanalyse kann ich direkt die optimale Klausel für eine spezielle Anforderung anzeigen lassen.
Wenn Sourcing Advisory sinnvoll umgesetzt wird, profitieren alle Beteiligten davon: Kunden, Berater und Service-Provider.
Dr. Thomas Barnekow
Dr. Thomas Barnekow verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Bereich IT-Sourcing, zuerst als Berater bei McKinsey, dann als Deal Maker bei Accenture und IBM. Anschließend war er fast zwölf Jahre bei ISG tätig. Bei Metrics fungiert Barnekow als Partner Sourcing Advisory und Chief Technology Officer (CTO).