Markt & Sourcing

IT-Gehälter – große Abweichungen

von Gerold Hauer

Vergleich durchschnittlicher IT-Gehälter in Deutschland 2022 Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bayern

Man muss nicht erst nach Indien schauen: IT-Gehälter unterscheiden sich auch in Deutschland deutlich voneinander. Wir haben zwei Regionen im Südwesten sowie Stadt und Land in Bayern miteinander verglichen.

 

Der IT-Fachkräftemangel in Europa und entsprechend hohe Gehaltsvorstellungen machen die erfolgreiche Rekrutierung zur Suche nach der (goldenen) Nadel im Heuhaufen. Zudem ist der Markt für IT-Gehälter intransparent, denn „über Geld spricht man nicht“ in aller Öffentlichkeit. Dennoch oder gerade deshalb ist das Thema Gehalt für IT-Organisationen und HR überaus interessant: Was muss ich grundsätzlich anlegen, wenn ich neue Entwickler oder einen Architekten brauche?

Near- oder Offshoring ist eine mögliche Antwort, um den Preis zu drücken. Allerdings eignet sie sich aber nicht in allen Fällen, und bisweilen hat die Lösung auch Schattenseiten. Dabei muss man gar nicht bis nach Bangalore blicken – schon in Bamberg sind die Gehälter deutlich niedriger als in den beiden bayerischen Hotspots München und Nürnberg/Erlangen. Eine Binsenweisheit? Wir haben aus Interesse relevante Gehaltsstudien (Informationen am Ende des Artikels) ausgewertet und Zahlen aus unserem Data Lake zu Rate gezogen: Der deutsche Markt für IT-Experten ist alles andere als homogen.

Zahl der IT-Stellenanzeigen in ausgewählten Bündesländern 2022

 

IT-Gehalt Ende 2022 im Durchschnitt: 59.632 €

Vorab die Ausgangsbasis: Der aktuelle (Ende 2022) Mittelwert für IT-Mitarbeiter in Deutschland beträgt 59.632 € pro Jahr, inklusive Boni, Prämien und Provisionen bei Vollzeitbeschäftigung, aber ohne sonstige Gehaltsbestandteile, geldwerte Vorteile, Firmen-PKW oder andere Vergünstigungen sowie Gehaltsnebenkosten (Rentenbeitrag, Sozialversicherung etc.) oder Umlagen. Allerdings ist der Erkenntnisgewinn aus dieser Zahl stark begrenzt.

Im Fokus unserer Analyse standen zwei typische Rollen in IT-Organisationen:

  • IT-Administrator:
    Typische Ausprägung: 3 bis 5 Jahre Erfahrung, gesamtes IT-Betriebsspektrum ausgenommen Entwicklung
  • IT-Führungskraft:
    Typische Ausprägung: 5 bis 10 Jahre Erfahrung, Teamleiter-Ebene,
    gesamtes IT-Betriebsspektrum ausgenommen Entwicklung

 

Einkalkuliert wurden die folgenden Gehaltstreiber beziehungsweise Gehaltsbremsen:

  • Alter: Mit zunehmendem Erfahrungsschatz steigt die Kompensation. Das Durchschnittsgehalt ist in der Regel nach fünf bis zehn Jahren erreicht.
  • Funktion: Auch innerhalb der IT gibt es Stars und Sternchen. Letztere arbeiten tendenziell im Support, demgegenüber sind IT-Architekten und Security-Experten höherbezahlt.
  • Branche: Hinzu kommen Faktoren für die verschiedenen Sektoren. Finanzdienstleister sind hier traditionell oben, der Handel liegt mit einem Abschlag von neun Prozent im unteren Teil des Feldes.
  • Mitarbeiterzahl: Unternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitenden zahlen für die gleiche Position rund 30 Prozent mehr als der Durchschnitt, Firmen unter 250 Mitarbeiter liegen unter dem Mittelwert.
  • Region: Ergänzt werden die genannten Faktoren um geografische Zu-/Abschläge für Ballungszentren beziehungsweise strukturschwache Landkreise. Diese können je nach Region von minus bis plus 20 Prozent reichen.
Zahl der Landkreise in Süddeutschland mit über 500 IT-Stellenanzeigen 2022

 

Daraus ergibt sich eine enorme Bandbreite der IT-Gehälter. Ersichtlich wird dies an zwei Berechnungen:

Bayern: Metropolen vs. ländliche Region

Die Unterschiede zwischen den bayerischen IT-Clustern München sowie Nürnberg/Erlangen zum Rest des Bundeslandes sind eklatant. So kommt ein IT-Administrator hier auf ein Durchschnittsgehalt von etwa 69.500 € pro Jahr. Das sind rund 25 Prozent mehr Gehalt als die vergleichbare Position abseits der Ballungszentren einbringt, wo deutlich weniger IT-Stellen angeboten werden.

Baden-Württemberg vs. Rheinland-Pfalz

Eine IT-Führungskraft verdient in Baden-Württemberg durchschnittlich 88.300 € pro Jahr. Unter den gleichen Voraussetzungen kommt der Manager nebenan in Rheinland-Pfalz lediglich auf 79.500 €. Beeindruckend ist die wirtschaftliche Stärke von Baden-Württemberg in der Fläche. Gemessen an den Landkreisen, in denen mehr als 500 IT-Stellen im Jahr 2022 angeboten wurden, liegt das Ländle mit 44 Prozent in Deutschland eindeutig vorne. In Bayern waren es lediglich 24 Prozent, in Rheinland-Pfalz nur elf Prozent. Gleichzeitig weist Baden-Württemberg mit 9,2 IT-Stellen je 1.000 Einwohner auch die höchste Nachfrage der Flächenstaaten an IT-Personal aus, gefolgt von Bayern mit 6,9.

Fazit

Die schlechte Nachricht: In Ballungsräumen besteht ein großes Angebot an IT-Experten, die jedoch relativ teuer sind. Auf dem Land gibt es nur wenige Fachleute, die jedoch in der Regel günstiger wären – wenn man sie den findet und zum Wechsel bewegen kann. Dies gelingt neben hohen Gehältern nur mit dem vollen Programm an Vorteilen, etwa Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten oder dem Aufbau kleiner regionaler Strukturen einer Organisation. Wer über weite Strecken in die Hotspots München oder Nürnberg/Erlangen hineinpendeln muss, wird sich den Wechsel des Arbeitgebers gut überlegen oder vergolden lassen.

Durchschnittswerte für Gehälter können IT- und Personalverantwortlichen zwar eine erste Orientierung bieten, jedoch ist der bundesweite Mittelwert für einen „IT-Experten“ nicht geeignet, um Entscheidungen zu stützen. Hier lohnt es sich, genauer hinzuschauen.

 

Anhang

Neben den Werten aus dem Metrics Data Lake sind Zahlen aus folgenden Quellen für die Untersuchung verwendet worden:

  • Hays – Fachkräfte-Nachfrage / Auswertung nach Regionen
  • Stepstone - Gehaltsreport 2022
  • Compensation Partner - Gehälter in der IT 2022
  • Kienbaum - Vergütungsreport Führungs- und Fachkräfte in IT-Funktionen 2022
  • Aktuelle statistische Angaben der Bundesländer
Gerold Hauer

Gerold Hauer

Seit mehr als 20 Jahren als IT-Consultant ist Gerold Hauer erfahrener Advisor für alle Aspekte des IT-Betriebs. Zu seinen Spezialgebieten gehört die Beschreibung von IT-Leistungen, deren Kostenkalkulation sowie Verrechnungs­methoden.

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