Markt & Sourcing

Co-Creation im IT-Sourcing bietet viele Vorteile

von Rene Funke

Eng getaktete Innovationen und ein konstanter Regulierungsdruck erfordern, dass IT-Projekte immer schneller auf- und umgesetzt werden. Die Bremse: aufwändige und langwierige Ausschreibungsprozesse. Co-Creation im IT-Sourcing soll es besser machen – kann es das leisten?

 

Eine heilige Kuh der IT ist die Ausschreibung: die Suche nach dem Perfect Fit zwischen den Anforderungen des Auftraggebers und den Leistungen des Dienstleisters. Attraktive Losgrößen, klare Schnittstellen und flexible Preismodelle sind zentrale Aspekte, wobei es gilt, punktuelle Abhängigkeiten möglichst zu vermeiden. Bis der Prozess abgeschlossen ist, vergehen jedoch häufig Monate. Bei schnellen Vorhaben ist das ein echter Showstopper.

Abhilfe verspricht die so genannte Co-Creation im IT-Sourcing, bei der es auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Kunde und Provider ankommt, und zwar schon vor dem Vertragsabschluss. Ziel ist es, durch gemeinsame Workshops und Aktivitäten die Komplexität im Sourcing-Prozess zu reduzieren, die Transparenz zu erhöhen, die Geschwindigkeit zu steigern und so einen maximalen Mehrwert für beide Seiten zu schaffen.

Was ist Co-Creation?

Co-Creation an sich ist nicht neu, es bedeutet im Grunde genommen, externe Parteien in den Ideenfindungs- und Entwicklungsprozess einzubeziehen. Anstatt neue Produkte und Verfahren ausschließlich im eigenen Haus zu erarbeiten, erhoffen sich Unternehmen einen frischen Blick von außen und einen Schub an Innovationskraft. Auch im IT-Sourcing wird Innovation grundsätzlich immer angestrebt, wenn auch nur selten erfolgreich.

 

 

Co-Creation in Ausschreibungen

Zu Beginn werden in Co-Creation-Workshops die Anforderungen des Unternehmens definiert und mit den Anbietern geteilt. Deren Anzahl sollte dabei auf drei bis fünf beschränkt werden. Dann erarbeiten Vertreter des Unternehmens gemeinsam mit den einzelnen Lieferanten detaillierte Spezifikationen und Leistungsbeschreibungen („Statement of Work“) – insbesondere für die Fälle, in denen das Lösungsdesign noch nicht klar ist.

Neben Vertretern des Anbieters nehmen Experten des Kunden an den Sessions teil, beispielsweise aus Fachbereichen, strategischen Unternehmensfunktionen sowie dem Vendor-Management oder Einkauf. Hinzu kommt ein Sourcing-Advisor, der als Moderator fungiert. Durch die enge Kooperation in Workshops lassen sich Missverständnisse vermeiden, und die Ausschreibungsunterlagen werden praxisnah gestaltet. Zudem wird sichergestellt, dass alle relevanten Informationen und Anforderungen auf den Tisch kommen. Wichtig ist, die mit den Anbietern erarbeiteten Lösungsbausteine zu dokumentierten. Um ein abgestimmtes Bild der „kulturellen Übereinstimmung“ mit jedem Anbieter zu erhalten, sollte stets ein Debriefing im Anschluss an einen Co-Creation-Workshop stattfinden.

Agiler Ansatz für das Sourcing

Grundlage für die Weiterentwicklung bilden die konsolidieren Lösungsbausteine, die immer mit den Anbietern geteilt werden. Die Passgenauigkeit für den Kunden und damit der Reifegrad der Lösung wächst mit jeder Co-Creation-Iteration, weshalb es auch als agiler Ansatz bezeichnet wird. Und der wird meiner Einschätzung nach in der Mehrheit der Ausschreibungen genutzt. Dies gilt vor allem im 1st-Gen-Outsourcing und bei Kunden, die nicht genau wissen, was sie exakt ausschreiben wollen.

Eine Ausnahme: Bei öffentlichen Vergaben gibt es Co-Creation vor allem im Vorfeld von Ausschreibungen, beispielsweise in Form einer Markterkundung, während die eigentlichen Vergaben traditionell ablaufen. Denn der Scope sowie die Muss- und Kann-Kriterien müssen bereits mit Versand der Ausschreibungsunterlagen feststehen.

Welche Vorteile versprechen Co-Creation-Sessions

Die Vorteile der Co-Creation im IT-Sourcing reichen von der Anforderungsanalyse und die Lösungsfindung über die Vertragsgestaltung bis zur Implementierung. So kann mit folgenden Mehrwerten kalkuliert werden:

  • Bessere Produkte auf der Grundlage der Kundenanforderungen;
  • Geringerer zeitlicher und kostenseitiger Verwaltungsaufwand;
  • Neue und überraschende Ideen für Lösungen;
  • Hohe intrinsische Motivation aller Partner und Cultural Fit;
  • Reduzierte Komplexität und niedrigere Schwellen zwischen den Beteiligten.

 

Damit IT-Sourcing-Co-Creation erfolgreich gestaltet werden kann, sind einige wichtige Erfolgsfaktoren zu beachten. So müssen sich beide Seiten klare Ziele für das Vorhaben setzen und diese kommunizieren. Unverzichtbar ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kunde und Provider mit gegenseitiger Wertschätzung und regelmäßiger, offener Kommunikation. Und nicht zuletzt müssen die Parteien bereit sein, flexibel auf Veränderungen zu reagieren und Anpassungen vorzunehmen. Eine Sourcing-erfahrene Moderatorin oder ein Moderator führt die Teilnehmer durch den Prozess und sorgt für eine konstruktive Atmosphäre.

Fazit

Um zu wirken, erfordern Co-Creation-Sessions Mitwirkung. Gründ­liche Vorbereitung, Offenheit und gegenseitiges Vertrauen sind ein Muss. Erst wenn alle Seiten an einem Strang ziehen, wird Co-Creation zum Innovationsmotor, und es entsteht die Kunden-Dienstleister-Beziehung mit dem größten, nachhaltigen Potenzial.

 

Rene Funke

Rene Funke

René Funke ist seit über 20 Jahren in verschiedenen Management-Positionen in der IT-Branche tätig - mit einem Ausflug in die wunderbare Welt der Baumaschinen. Er leitet das Marketing und den Vertrieb bei Metrics.

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