Markt & Sourcing

IT-Sourcing: Was der Exit-Management-Plan leisten muss

von Florian Ebert

Der Exit-Management-Plan im IT-Sourcing ist entscheidend für einen erfolgreichen Provider-Übergang. Ohne strukturiertes und diszipliniertes Vorgehen steigen Risiken, Kosten sowie Spannungen zwischen Kunde und IT-Dienstleistern.

 

Die Realität zeigt, dass IT-Sourcing-Beziehungen enden können – aufgrund einer strategischen Neuausrichtung, aus Unzufriedenheit mit der Leistung oder durch das Auslaufen eines Vertrags. Ohne eine Exit-Strategie und einen detaillierten Exit-Plan können diese Übergänge zu großen Störungen in IT-Services führen – finanzielle Verluste und Reputationsschäden sind die Folge. Ein vorausschauend konzipierter Exit-Management-Plan sollte ein formeller Teil des Sourcing-Vertrags sein, um ein potenziell chaotisches Beziehungsende in einen kontrollierten Übergang zu verwandeln. Trotz dieser Erkenntnis teilen sich Sourcing-Partnerschaften noch immer in drei Teile:

  1. Ein Exit-Plan ist vorhanden.
  2. Ein Plan für das Exit-Management ist vorhanden, allerdings gleicht dieser mehr einem Schedule, also einem Kalender mit ein paar Meilensteinen. Dort wird nicht klar definiert, wie der Provider die Services an den Nachfolger übergibt.
  3. Es gibt keinen Plan für das Exit-Management, weil es sich um die erste Auslagerung (Gen1) dieser Services eines Kunden handelt oder weil er vom Provider nicht erstellt wurde (Gen2).

Das Problem ist größer, als man denkt: In der Lünendonk-Studie zu den IT-Sourcing-Trends 2025/2025 geben lediglich 29 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie im Rahmen ihrer Sourcing-Verträge auch Exit-Strategien mit den entsprechenden IT-Providern schriftlich geregelt haben. Und nur 17 Prozent hatten eine Exit-Strategie für den Wechsel zurück von SaaS-Anbietern und Hyperscalern formuliert, um Ihre Daten unkompliziert und vollständig wieder zurückholen und transferieren zu können. Rechnerisch besser sieht es in Branchen wie der Finanzwirtschaft aus, die durch Regulierungen wie DORA dazu gezwungen wird, die Kontinuität der IT-Services auch im Übergang nachzuweisen.

Was ist ein Exit-Plan im IT-Sourcing?

Der Exit-Plan beschreibt den Plan des Kunden (1st Gen) oder des Bestands-Providers (2nd Gen) zur Übertragung der von ihnen verantworteten Services auf den neuen Dienstleister. Zudem legt er die erforderliche Zusammenarbeit in Form von Mitwirkungspflichten und die Unterstützung sowohl seitens des neuen Anbieters als auch des Kunden fest. Somit ist der Exit-Plan ein Schlüssel, um die Tür zwischen den Providern zu öffnen. Die hierin beschriebenen Leistungen werden so strukturiert, dass jeder Service-Exit einzeln definiert und erläutert werden kann.

Dabei ist es entscheidend, dass der Exit-Plan spätestens zum Zeitpunkt der Vertragsunterzeichnung mit dem neuen Anbieter vorliegt – über die Laufzeit aktualisiert und nicht auf dem Stand des ersten Service-Übergangs. Hier zeigt sich ein Dilemma: Der Exit-Plan wird oft als Check betrachtet (ja/nein), dabei ist er ein Werkzeug, das sich über den gesamten Sourcing-Lifecycle und darüber hinaus erstreckt.

 

Exit-Plan und Transition-IN-Plan

In unserer Beratungstätigkeit hat es sich als hilfreich erwiesen, den Exit- und den Transition-IN-Plan des neuen Providers immer gemeinsam zu betrachten, denn erst im nahtlosen Zusammenspiel gelingt ein erfolgreicher Übergang. Der Transition-IN-Plan ist ein offizielles Vertragsdokument innerhalb des Metrics Contract Framework (MCF) und weist den Plan des neuen Providers auf, wie er die vertraglich festgelegten Services des Kunden (1. Generation) oder des Bestandsproviders (2./n. Generation) in den operativen Betrieb überführen will. Dies umfasst alle Leistungen, die nicht vertraglich festgelegt, jedoch für den Übergang der Services unabdingbar sind.

Die Verantwortung für die Erstellung des Transition-IN-Plans liegt beim neuen Provider. Er wird in der Transaktionsphase vor der Vertragsunterzeichnung erstellt, aktualisiert und abgeschlossen. Definiert sind der Scope, die Meilensteine und die damit verbundenen Leistungen pro Service, zudem legt er die Mitwirkungspflichten des Kunden, des Bestandsproviders und des neuen Providers fest.

Wann tritt der Exit-Plan in Kraft?

Nach der Downselection auf maximal zwei Provider müssen die Pläne (Transition-IN und Exit) in der Transaktions-Phase gemeinsam abgestimmt werden - oder, wenn der Exit-Plan vom Kunden/Bestandsprovider nicht vorliegt, erstellt werden, immer in Abstimmung mit den Inhalten des Transition-IN-Plans. Ziel ist es ja, beide Dokumente vor Auswahl des richtigen Providers und der Vertragsunterschrift abgestimmt zu haben, damit es in die Umsetzung gehen kann (Transition). Erstrebenswert ist eine Lösung, die ein klares Verständnis und eine offene Abstimmung beider Pläne gewährleistet.

Die Inhalte des Exit-Plans sind ähnlich vielfältig wie die zu übertragenden IT-Services. Dazu zählen aber auch übergeordnete Bereiche wie

  • Governance & Rollen mit Verantwortlichkeiten (intern & extern), Eskalationsmechanismen und einem Kommunikationsplan;
  • Zeitplan & Meilensteine mit Exit-Timeline, Übergabephasen und Deadlines für Dokumentation und Datenmigration;
  • Dokumentation & Wissenstransfer mit der technischen Dokumentation, Betriebsdokumenten und Schulungen für Nachfolgeprovider oder das interne Team;
  • Datenmigration & Systemzugänge einschließlich Datenformate, Schnittstellen, Zugriffskontrolle, Sicherheitsprotokolle und Archivierungspflichten;
  • Vertrags- und Lizenzmanagement mit der Rückgabe von Lizenzen, der Klärung von IP-Rechten und dem Umgang mit Subunternehmern;
  • Infrastruktur & Assets einschließlich Rückgabe oder Übergabe von Hardware, Cloud-Ressourcen und virtuelle Maschinen sowie standortbezogenen Themen;
  • Compliance & rechtliche Aspekte mit DSGVO-Konformität, Audit-Trails und Exit-Klauseln im Vertrag;
  • Risikoanalyse & Notfallmaßnahmen mit Worst-Case-Szenarien, Backup-Strategien und einem Business-Continuity-Plan.

Best Practices für den Exit-Plan im Provider-Übergang

Angesichts des Umfangs zeigt sich, dass eine „pragmatische Lösung“ für den Exit-Plan mit vagen Absichtsbekundungen zu kurz greift, weil entscheidende Themen zwischen den Interessen der Beteiligten unter den Tisch fallen oder in Kompromissen aufgerieben werden können. Daher ist es notwendig, den neuen Provider vor der Vertragsunterschrift in die Verantwortung zu nehmen, einen professionellen Exit-Plan zu erstellen. Zudem müssen die Exit-Planungen simuliert und die Dokumentation der Services regelmäßig erneuert werden, vor allem nach großen Change Requests. Dies erspart viel Aufwand und teure Nachbesserungen für den Fall, dass der Exit-Plan eines Tages gebraucht wird.

 

Weitere Informationen gesucht?

Hier finden Sie einen Artikel zur generellen Relevanz eines professionellen Exit-Managements in Zeiten der Cloud und souveräner IT.

Und hier berichten wir über die kritische Phase des Provider-Übergangs im IT-Sourcing aus Sicht der Transition & Transformation.

Florian Ebert

Florian Ebert

Florian Ebert verfügt über langjährige, branchenübergreifende Beratungs[-]erfahrung im IT-Outsourcing. Als Mitglied des Transition & Transfor[-]mation Core Teams von Metrics ist er auf Exit-Plan-Management spezialisiert und unterstützt Unternehmen beim erfolgreichen Wechsel zu neuen IT-Providern.

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