Exzellenz & Organisation

IT-Service-Level: Weniger ist mehr

von Kai Nowak

Schwere Zeiten für Gold und Platin: IT-Service-Level unterhalb von Bronze werden beliebter. Der Schritt kann Geld sparen, aber vor allem verändert sich so die Kundenbeziehung. Worauf müssen IT-Verantwortliche hierbei achten?

 

Nach meiner Wahrnehmung sind die Zeiten der goldgeränderten Platinkultur in der IT seit Jahren vorbei. Einst ging es um die Maximalerwartung des Business an die IT, bevor mit Gold, Silber und Bronze die Service-Level abgestuft wurden. Allerdings gibt es einige Organisationen, die den Schritt immer noch nicht vollzogen haben. Das Dilemma: Ohne richtige Service-Level-Agreements (SLAs) können sich die Geschäftsbereiche nach Bedarf bedienen und sich anschließend beschweren, dass IT-Services gefühlt zu langsam und zu teuer sind.

In der Holzklasse der IT-Service-Level

Einige findige IT-Provider und IT-Organisationen gehen noch einen Schritt weiter, indem sie Service-Level unterhalb von Bronze definieren. Mal wird es „Basic“ genannt, mal Messing und mal Holz. Dabei stehen weniger direkte Einsparungen im Vordergrund – auch wenn jedes zehntel Prozent Verfügbarkeit bares Geld sparen kann. Durch das neue Service-Level ändert sich vor allem die Herangehensweise an den Kunden: Statt mit Platin einzusteigen und dieses “gegen” den Kunden nach unten zu verhandeln, ist es das Ziel, einen höheren Mehrbedarf und damit Aufwand oberhalb der Holzklasse explizit durch den Kunden beauftragen zu lassen. Hat der Kunde gute Gründe, warum „Basic“ nicht ausreicht, gibt es nach oben hin keine Grenze. Das ist ein smarter Schritt und zugleich kreativer Ansatz, um das Business zu animieren, die eigenen Ansprüche zu hinterfragen und eine realistische Einschätzung der tatsächlich notwendigen Anforderungen zu bekommen.

Hohe Ansprüche der Fachbereiche

Beispiele für diese Herangehensweise finden sich in einigen Organisationen: Mal wird die Servicezeit des Supports weltweit auf die „Local Time“ der Firmenzentrale reduziert. Andere wiederum schalten den Zugang zu IT-Systemen am Wochenende einfach ab – früher undenkbar. Hier geht es nicht nur um gedrosselte Kosten und Leistungen, sondern auch um Compliance und Security, weil offline, so die Überlegung, weniger passieren kann. Im Fokus steht jedoch die Frage, wie eine IT-Organisation auf den Kunden zugeht: Muss es das Rundum-Sorglos-Paket mit umfassendem Service sein?

 

 

Rechnet sich ein Basic-Service-Level?

Der positive finanzielle Effekt der IT-Service-Level unterhalb von Bronze lässt sich schwer verallgemeinern. Schließlich sind Kostenkalkulation und Leistungsverrechnung in jeder Organisation individuell geregelt. Kann man den Gold-Storage als IT überhaupt abschalten, wenn nur ein Kunde auf Bronze heruntergeht? Oder laufen die Kosten weiter, weil der Speicher wegen anderer Gold-Kunden in Betrieb bleiben muss? Und wie verhält sich das in einer pauschalen Kostenverrechnung, wenn der Fachbereich nicht wirklich zum Sparen gezwungen ist?

Dessen ungeachtet haben wir in Projekten gesehen: Wenn sich ein signifikanter Teil der Kundinnen und Kunden mit Basic zufriedengibt, lässt sich bei einigen Services viel Geld einsparen. Auch wenn das Thema für die Mehrheit IT-Organisationen noch Neuland ist, hat die Methode laut unserer Umfrage zur „IT-Agenda 2025“ einen gewissen Charme. Demnach wird der „Holzklasse im IT-Service“ ein Wert von knapp 38 Prozent eingeräumt, wenn es um ihre Effektivität in Bezug auf Kostensenkungen geht. Das ist zwar kein Erdrutsch, aber zumindest eine Überlegung wert.

Trügerische Sicherheit

Keine definierten IT-Service-Level sind erfahrungsgemäß die schlechteste Lösung. Danach folgen Service-Level, die nur vermeintlich „Gold“ sind. Denn was ist Gold, und wer bestimmt den Goldgehalt? Hier gibt es keinen Standard, alles ist eine Frage der Definition. Dann kommt es in einigen Bereichen zum Fall, dass die KPIs zwar grün, aber die Mitarbeitenden unzufrieden sind. Am häufigsten passiert dies übrigens im Servicedesk: Da werden Tickets aufgrund von definierten SLAs zur Dauer offener bzw. ungelöster Tickets einfach geschlossen, ohne dass das Problem gelöst ist. Mit einem neu eröffneten Ticket fängt die die Uhr dann wieder zu ticken an.

Pauschale Aussagen zu Gold, Silber und Bronze sind heikel: Die einzige Möglichkeit, um auf Nummer sicher zu gehen, ist der Vergleich mit dem aktuellen Marktstandard. Drei Stunden Reaktionszeit bei einem Prio-1-Incident? Marktüblich sind 15 bis 30 Minuten. Das hilft der IT auch bei der objektiven Kommunikation und in Verhandlungen mit ihren Kundinnen und Kunden.

 

Kai Nowak

Kai Nowak

Kai Nowak ist seit über 30 Jahren im IT-Management tätig und verantwortet bei Metrics den gesamten Consulting­bereich. Schwerpunkte seiner Beratungs­tätigkeit sind Benchmark­projekte, Sourcing-Strategien und -Transaktionen sowie das Financial Management von IT-Services.

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